Das Jugendstrafrecht ist ein Sonderstrafrecht und ein Sonderstrafprozessrecht für junge Täter, die sich zur Zeit ihrer Tat in dem Übergangsstadium zwischen Kindheit und Erwachsenenalter befinden. Personen, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind strafunmündig und können strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden. Personen zwischen der Vollendung des 14. und der Vollendung des 18. Lebensjahres sind Jugendliche, die zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie zur Zeit der Tat nach ihrer sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug sind, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Nach der Vollendung des 18. Lebensjahres und bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gilt man als Heranwachsender und kann strafrechtlich sowohl nach Jugendstrafrecht als auch alternativ nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden. Ob Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht angewendet wird, richtet sich nach der Persönlichkeit des Täters und nach der Art der Tat. Jugendstrafrecht findet danach Anwendung, wenn die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, dass er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.
Typische Delikte Jugendlicher sind zum Beispiel Ladendiebstahl, Sachbeschädigung (z. B. in Form von Graffiti), leichtere Körperverletzungsdelikte zum Beispiel bei Prügeleien auf dem Schulhof, und „Schwarzfahren“.
Hinzu kommt immer häufiger das sogenannte „Abziehen“ von meist teueren Gegenständen (Handys, Jacken etc.) auf Schulhöfen und Schulwegen. Oft betrachten die jugendlichen Täter solche Delikte als Bagatellen. Juristisch handelt es sich beim Abziehen aber um Raub - und Erpressungsdelikte und damit um vergleichsweise schwere Straftaten, die im Erwachsenenstrafrecht Verbrechen mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr darstellen. Bei der Gruppe der Heranwachsenden treten demgegenüber vermehrt auch erwachsenentypische Delikte wie Betrug und Straßenverkehrsdelikte auf. Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz kommen ebenfalls häufig vor.
Im Jugendstrafrecht steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Der Jugendliche hat durch die Tat gezeigt, dass Erziehungsdefizite vorliegen, er also noch Hilfe dabei braucht, sich den sozialen und gesellschaftlichen Normen anzupassen. Ein Jugendlicher soll also weniger bestraft, sondern eher erzogen werden, damit er künftig keine Straftaten mehr begeht. Deshalb gelten auch völlig andere Rechtsfolgen als im Erwachsenenstrafrecht. Während im Erwachsenenstrafrecht grundsätzlich nur Geld- und Freiheitsstrafen in Betracht kommen, kann der Jugendrichter aus einer Fülle erzieherischer Maßnahmen die geeignete heraussuchen, um auf den jugendlichen Täter einzuwirken. Vergleichsweise oft wird gegen Jugendliche die Ableistung von unentgeltlichen Arbeitsstunden, beispielsweise in gemeinnützigen Einrichtungen, verhängt. Dies kann gerade Jugendlichen, die die Schule oder eine Lehre abgebrochen haben, helfen, mehr Struktur in ihren Alltag zu bringen. Ein Jugendlicher oder Heranwachsender, der bereits selbst Geld verdient, kann zum Beispiel auch zu einer finanziellen Schadenswiedergutmachung verurteilt werden. Die Verhängung von Arrest, der maximal 4 Wochen betragen darf, kommt dagegen vor allem bei Tätern in Betracht, die nicht zum ersten Mal in Erscheinung treten, bei denen aber noch keine schädlichen Neigungen, wie sie für die Verhängung von Jugendstrafe Voraussetzung sind, festgestellt werden. Um eine optimale Einwirkung auf den Täter zu erreichen, sind viele Maßnahmen auch miteinander kombinierbar.
Bei jugendlichen Ersttätern genügt oft schon die Einleitung eines Strafverfahrens, mit den entsprechenden unangenehmen Folgen (Vernehmung, Durchsuchung ect.), um dem Jugendlichen die Ernsthaftigkeit der Verfehlung vor Augen zu halten. Deshalb bietet das Gesetz für diesen Fall die Möglichkeit des Absehens von der Verfolgung und der Einstellung des Verfahrens, wovon in der Praxis auch oft Gebrauch gemacht wird.
Zuständig für die Ahndung von Straftaten Jugendlicher und Heranwachsender sind die Jugendgerichte. Jugendrichter und Jugendstaatsanwälte sollen „erzieherisch befähigt und in der Jugendarbeit erfahren“ sein, was jedoch nicht immer gewährleistet ist.
Eine Besonderheit im Jugendstrafverfahren ist auch die Einschaltung der Jugendgerichtshilfe, welche als besonderes Organ zur „Vertretung der erzieherischen, sozialen und fürsorgerischen Gesichtspunkte“ in das Verfahren eingebunden ist. Sie hat zum einen die Aufgabe, der Staatsanwaltschaft und dem Gericht bei der Erforschung der Persönlichkeit des Beschuldigten beziehungsweise Angeklagten, insbesondere bei der Feststellung des Reifegrades die notwendigen Informationen zu beschaffen. Zum anderen soll sie den jungen Menschen während des Verfahrens begleiten.
In Strafverfahren, die sich allein gegen Jugendliche richten, ist die Öffentlichkeit von der Verhandlung ausgeschlossen. Dies gilt nicht bei Verfahren, die sich (auch) gegen Heranwachsende richten.
Als Strafverteidiger bin ich sehr häufig in Jugendsachen tätig und kann Ihnen gern beratend zur Seite stehen, wenn Ihr Kind einem Strafverfahren ausgesetzt ist. Sollte Ihr Kind schon über 18 Jahre alt sein, sollte es sich selbst an mich wenden.